Tagebuch
Freitag 8.12.06 - Anreise nach Dakar
Endlich. Den Urlaub habe ich mir nach einem erfolgreichen Jahr wirklich verdient. Meine erste Tour nach Afrika liegt nun schon wieder ein Jahr zurück. Bei der Vorbereitung kam schon viel Freude auf. Diverse Mittagspausen habe ich in dem kleinen Park in Karlsruhe verbracht und Reiseführer und Berichte gelesen, jetzt geht es tatsächlich los.
Mit U und S-Bahn von Stuttgart nach Leonberg, wo Volker pünktlich auf mich wartet. Ich bin der einzige Mitfahrer. Ohne Stau geht's nach Mörfelden. Kurz bevor wir ankommen, beginnt es heftig zu regnen, so macht die Abreise noch mehr Spass. Am Flughafen habe ich noch reichlich Zeit, aber nun folgt erstmal das Condor Chaos beim Check-In. Riesige Schlangen, zu wenig Personal.Das Boarding hat schon begonnen, als ich endlich am Gate ankomme. Wir warten noch auf weitere Passagiere und fliegen schliesslich mit einer Stunde Verspätung los. Kleinere Maschine als üblich, daher Tankstop auf Gran Canaria. Dann weiter nach Banjul, alle müssen raus und durch den Transit. Grrrr, eigentlich sollte es ein Direktflug sein. Gegen 0:30 Uhr sind wir in Dakar, die Zollkontrolle dauert ewig. Ab jetzt ist das egal, ich bin in Afrika. Der Vorteil ist, dass Angy kurz nach mir mit dem Flieger aus Lissabon ankommt und wir nun zusammen zum Keur Diame fahren können. Hans aus Kärnten und sein Bike nehmen wir auch mit. Er wird Montag zu einer Fahrradtour durch den Senegal aufbrechen. Es ist relativ frisch in Dakar mit nur 23 Grad. Hundemüde fallen wir ins Bett.
Samstag 9.12.06 - Parcelles Assainies (Dakar)
Erstmal ausschlafen und ein gutes Frühstück im Keur Diame. Angy geht es immer noch schlecht, das fing im Flugzeug plötzlich an. Gegen Mittag brechen wir zu einer Runde durch den Vorort von Dakar auf. Zuerst zum Strand und dann durch die vielnen kleinen Strassen von Parcelles Assainies. Es gibt heute am Samstag einige Hochzeitsgesellschaften mit grossen Zelten quer über die Strassen. Den Nachmittag verbringen wir recht faul mit Lesen und Abhängen auf der Dachterrasse. Um 20 Uhr gibt es Esen. Typisch afrikanisch: Bayerische Bratwurst und Rösti. Dazu grünen Salat und Obstsalat als Dessert. Naja, unsere Gastgeberin Ruth kommt eben aus der Schweiz...
Sonntag 10.12.06 - Tambacounda
Nach dem Frühstück geht es heute los. Hans startet auch, er will heute 90 km bis Mbour fahren. Wir nehmen ein Taxi bis Pompiers (Busstation) und von dort ein taxi brousse bis nach Tambacounda. Wir sind etwa 10 Stunden unterwegs mit einer längeren Pause in Koungheul, wo am Auto irgendwas geschraubt werden muss. Etwa 2 Stunden sitzen wir an der Dorfkreuzung rum. Zwischendurch ein Stück Baguette mit Fleisch und Zwiebeln und eine Coke. Gegen 18 Uhr sind wir in Tamba, wo wir nach etwas Sucherei das "Bloc Gadec" erreichen, unser Quartier für heute Nacht. Heute am Sonntag macht die Stadt einen sehr ruhigen Eindruck. Nach der langen und staubigen Fahrt haben wir uns jetzt erstmal ein gazelle in der kleinen Bar nebenan verdient. Abendessen im Le Relais du Rail, wo es prima poulet frites gibt. Heute schlafen wir unter Moskitonetzen, im Bad wimmelt es von Mücken. Morgen soll es weiter gehen über die Grenze nach Mali.
Montag 11.12.06 - Kayes
Um 5:45 Uhr klingelt der Wecker, kurz danach steht tatsächlich unser Frühstück bereit. Für 300 CFA nehmen wir ein Taxi zum gare routiere. Ein 7-place fährt von dort nach Kidira, dem kleinen Grenzort. Heute haben wir eine fast neue Strasse, auf den 180 km bis zur Grenze gibt es kein einziges Schlagloch! In Kidira halten wir an der Polizeistation, wo es den Ausreisestempel gibt. Zu Fuss gehen wir weiter noch etwa 2 km zum Fluss und dann links über die Brücke. Der Fluss markiert die Grenze zwischen Senegal und Mali. Auf der Brücke kommen uns einzelne Männer auf Fahrrädern sowie eine Ziegenherde entgegen. Bienvenue au Mali! Diboli ist ein ganz kleines Örtchen auf der anderen Seite der Brücke. Gegenüber vom Bahnhof finden wir die winzige Polizeistation. Alles wirkt hier ein wenig wie die Kulisse in einem drittklassigen Western... Die Uniform des Zöllners besteht aus einem alten blauen Wintermantel, sieht aber cool aus. Er fragt nach Pass und Stift und bekommt einen Kuli als cadeau. Unsere Daten werden mit viel Sorgfalt in ein riesiges, altes Buch eingetragen. Ich darf sogar ein Foto von ihm machen, aber das gibt später etwas Stress mit seinem Chef. Trotzdem fühlen wir uns hier sehr sympathisch willkommen, alles andere als Massenabfertigung. Zurück an der Hauptstrasse finden wir den kleinen gare routiere. In einer Bretterbude werden an einem alten Holztisch Tickets verkauft. Um den Tisch herum steht eine Traube von Menschen, alles ist sehr hektisch. Die letzten Plätze im Bus Richtung Kayes gehen wohl gerade weg. Ok, wir nehmen also ein 7-place, was dann auch bald losfährt. Eigentlich müsste es hier 9-place heissen, viel Platz haben wir wirklich nicht... Nach wenigen hundert Metern halten wir an einem Checkpoint.
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Hier werden unsere Pässe nochmal kurz kontrolliert, die anderen Passagiere müssen in ein kleines Gebäude neben der Strasse. Zeit für ein paar Fotos an den Essensständen und Verkaufsbuden hier.
Ein hübsches junges Mädchen erlaubt mir ein Portrait. Die Frau aus Kamerun aus unserem Taxi und 2 weitere steigen in einen Reisebus um, der auch hier wartete. Jetzt haben wir deutlich mehr Platz im Auto. Die alten Ölfässer werden zur Seite geschoben und wir können weiterfahren. Jetzt noch 90 km bis Kayes, auch hier eine gute Strasse. Gegen 14 Uhr sind wir dort. Wir waren heute 7 Stunden sehr angenehm unterwegs mit etwas Fussmarsch und viel Abwechslung zwischendurch. Das "Relais de centenaire" finden wir ohne Umwege und nehmen dort ein schönes Zimmer. Am Fluss entlang gehen wir in die Stadt. Auf der linken Seite, noch vor der Brücke, finden wir einen interessanten Markt. Dort kommen wir mit einigen Marktfrauen ins Gespräch, haben viel Spass mit den kleinen Kindern und starten die erste Ü-Eier-Aktion mit Fotosession. Genial, was kleine Geschenke und eine Digitalkamera alles bewirken können. Bis in die Abenddämmerung ziehen wir durch die Strassen von Kayes. Viele gute Fotomotive, aber die meisten sind problematisch, da Fotografieren hier eher nicht so gern gesehen wird. Da müssen wir uns in Mali drauf einstellen. Entweder man braucht sehr viel Zeit um mit Leuten erstmal ins Gespräch zu kommen, oder die Fotos müssen irgendwie unbemerkt entstehen, was mit einer kleinen Kamera noch halbwegs machbar ist. Auf dem Rückweg Einkehr auf der Terrasse des Hotel Khasso. Bei kühlem Bier und poulet frites kommen wir mit einigen anderen Travelern aus Neuseeland, England und Holland ins Gespräch.
Dienstag 12.12.06 - Kayes
Schon wieder früh raus heute. Frühstück gibt es hier um sechs Uhr noch nicht. Wir ziehen gleich los zum Bahnhof. Auf halber Strecke finden wir noch ein Taxi. Am Bahnhof ist noch absolut nichts los. Kein Wunder, heute fährt nämlich doch kein Zug nach Bamako. Erst morgen mittag wieder, na toll. Gegenüber auf dem Platz gibts aber nette Frühstücksbuden, also erstmal Omelett, Baguette und süssen Kaffee. Auf der anderen Seite vom Senegal Fluss soll ein gare routiere sein.
An der alten Furt durch den Fluss gibts viel zu sehen. Frauen waschen Wäsche im Fluss, Eselskarren kommen uns entgegen. Am anderen Ufer überqueren wir einen kleinen Ziegenmarkt, wo Tuareg-ähnliche Männer ihre Viecher verkaufen, nachdem sie einzeln im Fluss gewaschen wurden.
Wir wollen versuchen nach Kita zu fahren, um von dort morgen den Zug zu erwischen. Ein grosser Bus fährt eine andere Strecke nach Bamako, den wollen wir nicht nehmen. Schliesslich fahren wir nach langer Warterei gegen Mittag mit einem zum Bus umgebauten Truck bis Diangoute-Kamara, wo wir gegen 16 Uhr ankommen. Zu spät, um auf der kleinen Nebenstrecke mit einem LKW nach Kita weiterzukommen. Wir sagen einem Jungen, dass wir ein Zimmer suchen. Er führt uns zunächst durch eine Schule und dann zum Haus des Bürgermeisters. Der Sekretär empfängt uns im Innenhof und bietet uns zwei Stühle an. Ein wenig Smalltalk und Fotos aus der Heimat zeigen bis der Chef kommt. Wir werden in eine Art Garage einquartiert, wo er sein Motorrad drin geparkt hat. Eine Bastmatte auf den Steinboden und fertig ist unser Bett. Der "Gärtner" ist ab sofort für unsere Sicherheit und unser Wohlbefinden verantwortlich. Mit ihm als Guide folgt eine Runde durch das Dorf. Es ist größer als erwartet und wunderschön. Es gibt verschiedene Viertel mit palabre, Brunnen und unzähligen Lehmhütten mit runden Strohdächern. Ausserdem sehen wir viele Speicherhäuschen, die wir schon von den Fotos aus dem Dogonland kennen. Schon bald haben wir eine bunte Kinderschar hinter uns und es gibt wieder einige lustige Fotos. Zum Schluss besuchen wir kurz die Familie des Gärtners. Für die Kids der Familie haben wir kleine NOtizbücher und Stifte dabei. Dann kurze Eimerdusche hinter der Garage, dann zur Strasse um etwas zu essen. Im Licht einer Petroleumlampe gibts Reis mit Sauce und Millet. Danch noch ein Kaffee und gut. Die Nacht auf dem Fussboden wird relativ hart, aber es ist warm und eigentlich ganz ok.
Mittwoch 13.12.06 - Warten auf den Truck
Wir packen unser Zeug zusammen und verabschieden uns von unseren Gastgebern. Die Übernachtung kostet nichts, noch nicht mal nach einem cadeau werden wir gefragt. An der Strasse gibts Kaffee und Baguette und wir schaun was um uns herum passiert. Nach kurzer Zeit kommt der "Bürgermeister" auf seinem Motorrad und stellt uns den Chef der Transport-Kooperative vor. Der soll nun herausfinden, ob es einen Truck nach Kita gibt heute. Gegen Mittag verlegen wir unseren Warteplatz in eine kleine Hütte, langsam wird es heiss.
Es kommen einige grosse Busse nach Bamako vorbei, aber kein einziges Fahrzeug biegt auf die Lateritpiste nach Kita ein. Auch so ist es ein interessanter Tag, einfach mal das Leben auf der Strasse beobachten. Wir sehen mindestens acht der riesigen, neuen Tanklastzüge von Ben & Co., die vermutlich Sprit aus dem Senegal liefern. Gegen 14:00 hat sich immer noch nichts getan, langsam wird es für die geplante Strecke zu spät. Also wechseln wir die Strassenseite, um den nächsten Bus nach Bamako zu nehmen. Die grossen Busse sind wohl heute alle schon durch. Schliesslich kommt ein klappriger grüner Transporter und weg sind wir. Schon im nächsten Dorf muss jemand mit dem Kanister loslaufen um irgendwo Diesel zu besorgen. Nach weiteren 30 km erreichen wir einen staubigen Platz an der Abzweigung nach Diema. Nun haben wir das erste Mal Glück heute. Es sind nur noch 5 Passagiere übrig nach Bamako, wir steigen um in einen privaten Toyota Landcruiser, welch ein Luxus. Ist wohl so eine Art Mitfahrgelegenheit, die der Transporterfahrer organisiert und bezahlt hat. Zunächst ist die Strasse noch super, dann gibts Split und später eine Baustelle. Wir fahren auf der alten Piste nebenan weiter und können den Allrad so richtig ausnutzen. Manchmal tuts einen harten Schlag, wenn unser Fahrer eins von den riesigen Schlaglöchern übersehen hat. Merde! Der Staub bleibt dank Klimaanlage draussen und auch die malische Musik vom Tape ist perfekt. Es wird dunkel, und noch keine Hauptstadt in Sicht. Gegen 21:30 sind wir schliesslich am Ziel und steigen in der Nähe vom Bahnhof aus. Von hier sind es nur ein paar Schritte zur Mission Libanaise, die wir uns als Domizil auserkoren haben. Wir laufen zunächst vorbei, an der verrosteten alten Eisentür in der dunklen Nebenstrasse gibts kein Schild. Wir bekommen ein grosses Doppelzimmer in einem Gebäude mit Wellblechdach im Innenhof. Es sieht hier etwas wild aus, überall wächst Unkraut und kleine Sträucher. In dem Hof stehen die alten Zugmaschinen von zwei Trucks. Wir sind hungrig. An der Avenue du Fleuve hat noch eine Shawarmabude offen, sonst ist das Viertel wie ausgestorben um diese Zeit.
Donnerstag 14.12.06 - Bamako
Erstmal ausschlafen, dann Kaffee mit Baguette in einer belebten Seitenstrasse neben unserer Herberge. Es folgt ein Bummel durch das Viertel rund um die grosse Moschee und durch den marché artisanal. Weiter zum Niger.
Auf einigen Strassen ist wirklich voll das Verkehrschaos, aber die Nebenstrassen sind ganz ok und manchmal sogar kleine grüne Oasen. Am Nachmittag machen wir uns auf zu Eva, einer Cousine von Angie. Mit einem grünen sotrama Minibus fahren wir über die Nigerbrücke und kurz dahinter geht es zu Fuss weiter in ein Viertel mit vielen Hilfsorganisationen und NGO's. Irgendwann finden wir schliesslich die rue17. Bei Eva und ihrem britischen Mann gibt's Filterkaffee und Brot mit fränkischer Leberwurst. Dafür nun die weite Reise? Nach reichlich Smalltalk laufen wir am Niger weiter bis zur westlichen (neuen) Brücke. Schöne Abendstimmung am Fluss, wir kommen durch ein kleines Dorf mit vielen Gemüsegärten. Auf der Brücke ist extremer Smog in der rushhour, aber dafür werden wir mit einem schönen Sonnenuntergang über dem Niger entschädigt.
Den Abend verbringen wir im Quartier Hippodrome, wo es viele Kneipen und Restaurants geben soll. Wir essen im Le Relax. Im Nightclub nebenan ist wohl eher am Wochenende was los. Mit einem Taxi fahren wir für 1000 CFA zurück.
Freitag 15.12.06 - Bamako
Wir beschliessen, doch noch einen Tag länger in der Hauptstadt zu bleiben und schon jetzt das Visum für Guinea zu besorgen. Anrufen beim Konsulat klappt mit dem Handy nicht, also nochmal über die Brücke fahren und nach ca. 2 km links. Heute finden wir unser Ziel gut. Nach etwa einer Stunde sind wir an der etwas versteckten Botschaft, die wir an der Fahne auf dem Dach erkennen. Hier werden wir freundlich und zuvorkommend bedient. Schon gegen Mittag können wir wiederkommen und die Pässe abholen.
Stolzer Preis für ein Visum: 46.500 CFA. In der Zwischenzeit besuchen wir ein Internetcafe in der Nähe. Auf dem Rückweg nach Hause besuchen wir noch den Fetischmarkt. Das sind eigentlich nur ein paar Stände, wo es alle möglichen Knochen, Tierschädel, getrocknete Chamäleons, Schlangenhäute etc. zu kaufen gibt. Wir brauchen heute gerade nichts davon und verbringen den Nachmittag mit Wäsche waschen und relaxen im Hinterhof.
Zum Abendessen in den "African Grill", es gibt heute plat du jour Senegalais mit Yassa Poulet. Sehr angenehm hier. Nun wird es Zeit für etwas Musik. Wir nehmen ein Taxi zum Hogon Kulturclub, der ein Stück westlich vom Bahnhof liegt. Gute Stimmung hier unter freiem Himmel, viele Einheimische und Expats. Die Livemusik ist genial, wir bleiben bis zwei Uhr nachts.
weiter geht unsere Reise nach Segou.
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