Zahlen und Fakten (Stand: Januar 2009, Quelle: Auswärtiges Amt, Wikipedia)
Burkina Faso gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, zeichnet sich heute aber durch eine gewisse Stabilität und die kulturelle Vielfalt der friedlich zusammenlebenden Ethnien aus. Regelmäßig wiederkehrende Dürreperioden sorgen oft für große Not der hauptsächlich als Bauern lebenden Bevölkerung. Präsident ist seit 1987 Blaise Compaoré, der das Land seit dem Putsch gegen Sankara semiautoritär regiert und stabile Verhältnisse zugunsten ausländischer Investitionen geschaffen hat. Burkina Faso richtet unter anderem das alle zwei Jahre stattfindende panafrikanische Filmfestival FESPACO aus.
Stand: Juni 2008 Ländername: Burkina Faso (Einwohner: Burkiner) Klima: Im Süden wechselfeuchtes subtropisches Klima, im Norden Trockensavanne Lage: Binnenland im Sudangürtel südlich des großen Nigerbogens, Norden Teil des Sahel Größe des Landes: 274.000 Quadratkilometer Hauptstadt: Ouagadougou (über 1,5 Mio. Einwohner) Bevölkerung: 14,1 Mio. Einwohner, dazu (geschätzt) 3 Mio. Burkiner in Nachbarstaaten Landessprache: Amtssprache Französisch, Verkehrssprachen Moore, Djoula, Fulfulde Religionen: Muslime: ca. 50%, Animisten: ca. 35%, Christen: ca. 15% Nationaltag: 11. Dezember (Proklamation der Republik 1958) Unabhängigkeit: 05.08.1960 Regierungsform: Zentralstaat (Dezentralisierung begonnen), laizistische Republik mit Präsidialsystem nach dem Muster der V. Republik Frankreichs. Staatsoberhaupt und Vorsitzender des Ministerrats: Compaoré, Blaise seit 15.10.1987 Staats- und Regierungschef, als vom Volk gewählter Präsident im Amt seit 24.12.1991; Vorsitz in der verfassungsmäßigen Regierung seit 16.06.1992. Durch Wahlen vom 13.11.2005 für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Regierungschef: Tertius Zongo, seit Juni 2007 Außenminister: Djibrill Yipènè Bassolé, seit Juni 2007 Parlamentspräsident: Kaboré, Roch Marc Christian (CDP) Regierungspartei: CDP (Congrès pour la Démocratie et le Progrès), auf Mehrheitsbeschaffung ausgerichtete Sammlungspartei ohne besondere ideologische Ausrichtung. Opposition: - ADF-RDA (Alliance pour la Démocratie et la Fédération et Rassemblement Démocratique Africain) - liberale Ausrichtung,
- PDP (Parti pour la Démocratie et le Progrès), seit Mai 2001 mit der sozialistischen Partei vereinigt
- Sankaristen
- Gruppe "14. Februar", Gruppierung von kleinen, z.T. radikalen Parteien, nicht im Parlament vertreten.
- UNDD (Union Nationale pour la Démocratie et le Développement) seit Juni 2003 von der ADF-RDA abgespalten, liberale Ausrichtung
Parteien: ca. 200 politische Parteien, davon ca. 12 aktiv Gewerkschaften: 6 Dachverbände: - Confédération Générale des Travailleurs du Burkina (CGTB)
- Organisation Nationale des Syndicats Libres (ONSL)
- Union Syndicale des Travailleurs Burkinabè (USTB)
- Confédération Nationale des Travailleurs Burkinabè (CNTB)
- Confédération des Syndicats Burkinabè (CSB)
- Union Générale des Travailleurs Burkinabè (UGTB) mit ca. 60 Einzelgewerkschaften
Mitgliedschaft in Internationalen Organisationen: Westafrikanische Währungs- und Wirtschaftsunion (UEMOA), Conseil de l'Entente, ANAD (Übereinkommen zu Nichtangriff und Beistand im Verteidigungsfalle), CILSS (zwischenstaatliches Komitee zur Bekämpfung von Trockenheit im Sahel), CEDEAO (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), AKP (Afrika-, Karibik-, Pazifik-Staaten), AU (Afrikanische Union; früher OAU - Organisation für Afrikanische Einheit), Gemeinschaft der Sahel-Sahara Staaten, Vereinte Nationen, Weltbankgruppe, Islamische Weltkonferenz (OCI), Regionalbanken BOAD und BAD, regionale Zentralbank BCEAO Wichtige Medien: Staatsfernsehen und –rundfunk, mehrere private Radio- u. TV-Stationen Tageszeitungen: Sidwaya (regierungsnah), L'Observateur Paalga, Le Pays, Wochenzeitungen: Journal du Jeudi, L'Indépendant, San Finaa, L’Hebdo, L’Opinion Pro-Kopf-Einkommen: rund 320 Euro /2007) Währung: FCFA (Franc de la Communauté Financière Africaine); 1 EUR = 655,957 FCFA (fester Wechselkurs)
Geschichte Burkina Fasos
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Burkina Faso ist ein Staat in Westafrika, der im Inneren des Nigerbogens liegt und an Mali, Niger, Benin, Togo, Ghana sowie die Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) grenzt. Die ehemalige französische Kolonie Obervolta erlangte am 5. August 1960 unter diesem Namen, der am 4. August 1984 durch die heutige Bezeichnung Burkina Faso („Land der ehrenwerten Menschen“) ersetzt wurde, ihre Unabhängigkeit. Der vorwiegend flache Binnenstaat mit Anteilen an den Großlandschaften Sudan und Sahel ist durch tropisches Klima und verschiedenartige Savannenlandschaften geprägt. Administrative und kulturelle Hauptstadt des 13.730.258 Einwohner (Zensus 2006) zählenden Landes ist die zentral gelegene Millionenstadt Ouagadougou. Etwa die Hälfte der Burkiner (Burkinabe) zählt zur politisch dominierenden Ethnie der Mossi, die bis zur Kolonisierung durch Frankreich Ende des 19. Jahrhunderts in mehreren streng hierarchisch organisierten Reichen lebten. In Burkina Faso werden etwa 60 einheimische Sprachen gesprochen, der Islam ist neben den traditionellen Glaubensvorstellungen die meistpraktizierte Religion. Nach einer Phase politischer Instabilität mit zahlreichen Putschen kam es 1983 zur Revolution des panafrikanistisch-sozialistisch orientierten Thomas Sankara.
Die Geschichte Burkina Fasos ist geprägt von der ethnischen Vielfalt des Territoriums und der mittelalterlichen Staatenbildung vor allem der Mossi, deren Reiche bis zur Ankunft der Franzosen am Ende des 19. Jahrhunderts Bestand hatten und der folgenden Kolonisation durch Frankreich. In den ersten Jahrzehnten des seit 1960 unabhängigen Staates (bis 1984 Obervolta) kam es durch zahlreiche Putsche zu politischer Instabilität und der Revolution des Thomas Sankara. Seit 1991 ist unter Blaise Compaoré eine neue Ära angebrochen, die sich in zunehmender Demokratisierung ausdrückt.
Vor- und Frühgeschichte
Etwa 400.000 Jahre alte Hackwergzeuge (Chopping Tools) wurden im Norden des Landes bei Markoye gefunden.[26] Es konnte nachgewiesen, dass vor etwa 14.000 Jahren Jäger und Sammler im Nordwesten des heutigen Burkina Faso lebten. Zwischen 3600 und 2600 v. Chr. wurde von jungsteinzeitlichen Kulturen Landwirtschaft betrieben. Für die Zeit vor etwa 3000–3500 Jahren lassen Grabbeigaben auf ein erwachendes spirituelles Bewusstsein der Menschen schließen. Der Gebrauch von Eisenobjekten und Keramiken konnte nachgewiesen werden.[27]
Präkoloniale Ära
Einige der heute in Burkina Faso existierenden Ethnien waren schon zum Ende des ersten Jahrtausends nach Christus auf dem heutigen Gebiet des Landes ansässig und in autonomen Dorfgemeinschaften organisiert, so die Dogon, die im 15. Jahrhundert in ihr heutiges Siedlungsgebiet im Grenzbereich von Mali und Burkina Faso weiterzogen sowie die Bobo und Senufo. Zu den am längsten ansässigen Gruppen gehören die Yonyoose, die sich mit den ab dem 15. Jahrhundert aus dem Süden vordringenden Mossi assimilierten. Diese waren aus dem Norden Ghanas – der Legende nach unter der Führung der Prinzessin Yennenga – nach Norden gezogen. Ihr Sohn Ouédraogo soll das Reich Tenkodogo gegründet haben. Dies war das Älteste von insgesamt 20 Reichen, darunter Ouagadougou und Yatenga. Dieses Moogo bezeichnete Gebiet war ein kultureller und linguistischer Raum, dessen administrative Elemente allerdings unabhängige Einheiten bildeten, den Moogo naaba aber als geistiges und spirituelles Oberhaupt ansahen. Im Osten lag Gulmu, das Reich der Gulmancema, das seine Ursprünge ebenfalls im Norden Ghanas hat. Nördlich davon gründeten 1809/1810 Fulbe aus Massina das Emirat Liptako. Es war ein religiöser und kriegerischer Staat, der im Zuge des von Usman dan Fodio inspirierten „Dschihad der Fulbe“ entstand.[28] 1827 wurde ein Teil des Emirats von Tuareg erobert, die dort das Reich Oudalan errichteten. Die westlich dieser Formationen siedelnden Ethnien waren unter anderem in segmentären Gesellschaften organisiert, das heißt ohne zentrale Institutionen in autonomen Dorfgemeinschaften. Im einzelnen unterschieden sich die Organisationsformen bei den verschiedenen Ethnien. Weiter im Westen kamen die dort lebenden Gruppen im 18. Jahrhundert unter den Einfluss der Herrscherdynastien von Kong in der heutigen Elfenbeinküste. In der Historiografie der frühen Kolonialzeit angenommene Reiche namens Gwiriko und Kénédougou haben vermutlich nie existiert: Vielmehr übten die Herrschergruppen zum Teil in Allianz, zum Teil in kriegerischem Konflikt mit den Dorfgemeinschaften zahlreicher Ethnien ihren Einfluss auf die wirtschaftliche Produktion der Region aus. Dies geschah ohne Bemühen um politische Machtausübung. [29]
Französische Kolonialzeit
Der erste Europäer, der das heutige Burkina Faso bereiste war Heinrich Barth. Er erreichte Liptako von Norden kommend und besuchte auf dem Weg nach Timbuktu die Stadt Dori. Nach der Kongokonferenz 1884/1885 in Berlin äußerte sich der „Wettlauf um Afrika“ im Westsudan im Versuch von Briten, Franzosen und Deutschen durch Protektoratsverträge mit den Mossiherrschern das Hinterland der Küste unter Kontrolle zu bringen. Es waren schließlich die Franzosen, die 1896 mit militärischer Gewalt Ouagadougou einnehmen konnten und den Moogo naaba zur Flucht zwangen. In der Folge wurde durch zahlreiche Protektoratsverträge das gesamte Gebiet des heutigen Burkina Faso unter Kontrolle gebracht und unter Militärverwaltung gestellt. 1904 wurde es Teil der Kolonie Obersenegal und Niger und 1919 eine neue Kolonie Obervolta geschaffen, die zu Französisch-Westafrika gehörte. Der Versuch der wirtschaftlichen Entwicklung unter Gouverneur Édouard Hesling war erfolglos und aufgrund mangelnder Rentabilität wurde das Territorium 1932 unter den Nachbarkolonien Französisch-Sudan (heutiges Mali), Niger und Elfenbeinküste aufgeteilt. Damit sollte unter anderem der Einsatz von Zwangsarbeitern auf den Plantagen an der Küste erleichtert werden; Obervolta diente aufgrund seiner relativ hohen Bevölkerungszahl als Reservoir für Arbeitskräfte. Wie im Ersten nahmen auch im Zweiten Weltkrieg Obervoltaer als Soldaten bei den Einheiten der sogenannten Senegalschützen (tirailleurs sénégalais) für Frankreich teil.
Luftaufnahme von Ouagadougou (1930/31)
Nach dem Krieg wurde die französische Kolonialordnung unter Charles de Gaulle mit der Gründung der Union française neu gestaltet. Vor allem die Mossi unter Führung des Moogo naaba Koom II. drängten auf Wiederherstellung Obervoltas in den Grenzen von 1932 und so wurde Obervolta 1947 Überseeterritorium (territoire d'outre-mer, TOM). In den folgenden Jahren entwickelte sich das politische Leben und Obervoltaer waren im Parlament des Mutterlandes in Paris vertreten (Nazi Boni, Joseph Conombo, Henri Guissou, Gérard Kango Ouédraogo und Mamadou Ouédraogo). Parteien boten allerdings kaum programmatische Unterschiede und waren vor allem auf die Persönlichkeiten der Parteiführer orientiert. Zur bedeutendsten Partei in einer konfliktreichen und von Spaltungen und Zusammenschlüssen geprägten Parteienlandschaft entwickelte sich die obervoltaische Sektion des interkolonialen Parteienbündnisses Rassemblement démocratique africain (RDA) unter Daniel Ouezzin Coulibaly und nach dessen Tod Maurice Yaméogo.[30] In diesen Jahren wurden die Weichen für die Unabhängigkeit gestellt. Mit dem loi cadre von 1956 gab die Kolonialverwaltung Macht an neu zu wählende Territorialversammlungen und -regierungen ab. Mit dem Referendum 1958 kam es im Rahmen der Communauté française zu einer Assoziation mit Frankreich als autonomer Republik. Doch schließlich erklärte auch Obervolta im „Afrikanischen Jahr 1960“ seine Unabhängigkeit.
Unabhängigkeit Obervoltas 1960
Erster Präsident des unabhängigen Obervolta wurde Maurice Yaméogo, der in der Folge eine Einparteiendiktatur des RDA errichtete. Sein verschwenderischer Regierungsstil, Korruption und wirtschaftliche Fehlentwicklung führten schließlich zu einem Volksaufstand. Yaméogo dankte nach Straßenprotesten unter dem Druck von Gewerkschaften und der Untergrundopposition im Januar 1966 ab. Sein Nachfolger wurde Sangoulé Lamizana, der Oberbefehlshaber der Armee. Unter der Militärregierung des pragmatischeren und bescheidener auftretenden Lamizana wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet, die nach einem Referendum 1970 im Januar 1971 die Zweite Republik schuf. Nach den anschließenden Parlamentswahlen, den ersten freien Mehrparteienwahlen in Westafrika[31] wurde Gérard Kango Ouédraogo (RDA) Premierminister. Innere Streitigkeiten der Partei führten dazu, dass 1974 wieder das Militär die Macht übernahm und die Gouvernement du renouveau national (GRN: „Regierung der nationalen Erneuerung“) schuf. Angesichts der Unzufriedenheit der Bevölkerung aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Probleme Mitte der 1970er-Jahre ernannte Lamizana eine Regierung der nationalen Einheit, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollte. Nach deren Annahme per Referendum wurde Lamizana bei den Wahlen 1978 Präsident der Dritten Republik und ernannte Joseph Conombo zum Premierminister. Auch diese Regierung war aufgrund interner Querelen handlungsunfähig und nach einem Streik von Lehrern putschte am 25. September 1980 eine Gruppe von Militärs um Saye Zerbo, der daraufhin Präsident wurde. Im Rückblick werden Lamizana seine ausgleichenden Fähigkeiten und die Tatsache, dass es unter ihm keine politischen Gefangenen gab, zugute gehalten.[32] Eher zufällig an die Macht geraten, hatte das Militär unter Lamizana zunehmend Gefallen daran gewonnen.[30]
Mit dem Putsch von 1980 stürzte Obervolta für drei Jahre in ein Chaos, das durch den Machtkampf der alten Garde des Militärs und einer Gruppe junger Offiziere, die den Stillstand des Landes überwinden wollten, verursacht wurde. Zerbo regierte das Land mit einem Comité militaire de redressement pour le progrès national (CMRPN), verlor durch unpopuläre Maßnahmen – darunter dem Verbot es streikrechts – rasch seine Popularität. Zu dieser Zeit begann der Aufstieg des charismatischen linksgerichteten Thomas Sankara. Schließlich kam es am 7. November 1982 zu einem erneuten Militärputsch. Da der als Drahtzieher angesehene Sankara nicht die Macht anstrebte, wurde der Militärarzt Jean-Baptiste Ouédraogo zum Präsidenten. Während in einer Übergangsphase die Rückkehr zu einer verfassungsgemäßen Ordnung angestrebt wurde, intensivierte Sankara – zum Premierminister ernannt – Kontakte zum antiwestlichen Regime in Libyen. Zum Missfallen Ouédraogos, der die Untergrabung seiner Macht zu verhindern versuchte und die Bindungen zu Frankreich und den gemäßigten Staaten Afrikas aufrecht erhalten wollte.[33] Sankara wurde schließlich festgenommen, was Unruhen in den Reihen des Militärs und Proteste bei der Bevölkerung auslöste. Nachdem der Offizier Blaise Compaoré mit der ihm unterstehenden Fallschirmspringereinheit nach Ouagadougou zog, um seinem Freund Sankara zu befreien, kam es am 4. August 1983 zum Staatsstreich, der später als Revolution bezeichnet wurde und Sankara an die Macht brachte.
Revolution 1983
Sankara errichtete eine linksgerichtete Militärdiktatur mit dem Conseil national de la révolution (CNR: „Nationaler Revolutionsrat“) als Exekutivorgan, betrieb eine energische Sozial- und Entwicklungspolitik, die den ländlichen Raum zu Ungunsten der Stadtbevölkerung und Staatsklasse fördern sollte und forcierte die Gleichstellung der Frauen.[30] Ziel war eine radikale Umgestaltung der Gesellschaft[34] und das Beenden der Abhängigkeit vom Ausland. Bei einem Gegenputschversuch kamen in der Nacht vom 9. auf den 10. August zwei der Beteiligten ums leben. Damit war es in Obervolta zum ersten Mal bei einem Umsturzversuch zu Blutvergießen gekommen. In Folge schuf Sankara Comités de défense de la révolution (CDR: „Komitees zur Verteidigung der Revolution“), die in allen Orten des Landes den Verlauf und den Fortbestand der Revolution gewährleisten und überwachen sollten. Die CDR hatten Anteil am erfolgreichen Verlauf zahlreicher Entwicklungskampagnen, wie einem großangelegten von WHO und UNICEF unterstützten Programm zur Impfung von Kindern oder dem als bataille du rail bezeichneten Ausbau der Eisenbahnstrecke unter Beteiligung der Bevölkerung. In der Anfangsphase der Revolution kam es zu Verhaftungen und Denunzierung von der Gegenrevolution verdächtigten Personen, darunter Joseph Ki-Zerbo. An der Spitze des Staates stand eine Gruppe, die neben Sankara aus Blaise Compaoré, Henri Zongo und Jean-Baptiste Lingani bestand.
1984 eingeführtes Wappen des in Burkina Faso umbenannten Staates
Am 2. Oktober 1983 präsentierte Sankara der Bevölkerung in einer als discours d'orientation politique (DPO) bezeichneten Rede die politischen Ziele der Revolution. Ziel sei es, die mit dem Imperialismus verbundene Bourgeoisie zu Gunsten der arbeitenden Klassen zu neutralisieren und die landwirtschaftliche Selbstversorgung zu ermöglichen. Dazu wurden Grund und Boden verstaatlicht, deren Nutzung zuvor von traditionellen Autoritäten in den Dörfern organisiert wurde. Alphabetisierung und Gleichstellung der Geschlechter waren weitere Schwerpunkte Sankaras. Vor den tribunaux populaires de la révolution (TPR: „Volkstribunale der Revolution“) mussten sich ehemalige Politiker und Beamte wegen Vergehen wie Korruption, und Unterschlagung von öffentlichen Geldern verantworten. Ex-Präsident Zerbo bekam mit 15 Jahren Haft, davon sieben auf Bewährung, die höchste Strafe. 1985 wurden die ausgesprochenen Urteile wieder aufgehoben. Um mit der kolonialen Vergangenheit zu brechen, benannte Sankara den Staat 1984 in Burkina Faso („Land der ehrenwerten Menschen“) um, schuf eine neue Flagge in den panafrikanischen Farben und führte eine neue, von ihm selbst verfasste Nationalhymne (Ditanyè) ein. Im Mai 1984 wurden sieben Personen wegen eines versuchten Putsches verurteilt und hingerichtet. Diese vorher nicht erlebte Gewaltanwendung schockierte die Bevölkerung[35], ebenso wie die Brandstiftung in den Räumen der unabhängigen Zeitung L’Observateur (heute L’Observateur paalga), die in Folge ihr Erscheinen einstellen musste. Der 1985 ausgebrochene Grenzkrieg mit Mali um einen schmalen Grenzstreifen im Sahel endete mit einer militärischen Niederlage der deutlich unterlegenen Burkiner[36] und einem Richterspruch des Internationalen Gerichtshofes. Dem Konflikt vorangegangen waren Beschuldigungen Sankaras malischer Subversion, seine Ermunterung einer Revolution in Mali, das unter Diktator Moussa Traoré „im Dienste des amerikanischen Imperialismus handele“. In einem Klima von Verdächtigungen, Machtmissbrauch der CDR, und politischen Gefangennahmen – bis hin zu Folter und Tod[37] – wuchs die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Der repressive Charakter des Regimes entfremdeten die Bevölkerung vom Projekt der Revolution. Innerhalb des CNR kam es zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Geschwindigkeit weiterer Reformen und der Art ihrer Umsetzung. Thomas Sankara, dem Abgleiten in an Blindheit grenzenden Dogmatismus und Verrat an der Revolution vorgeworfen wurden, wurde im Laufe eines Putsches am 15. Oktober 1987 mit etwa 30 weiteren Personen erschossen. Blaise Compaoré wurde neuer Präsident Burkina Fasos.
Jüngste Geschichte
Compaoré regierte das Land zunächst an der Spitze einer Front populaire (FP: „Volksfront“) an der Seite von Zongo und Lingani. In einer als rectification („Verbesserung“) bezeichneten Entwicklung sollte es zu einer Normalisierung und politischen Öffnung kommen, allerdings im Geiste der revolutionären Ziele einer Entwicklung von innen. Doch auch nach dem Umsturz herrschten Instabilität – es gab drei missglückte Putschversuche – und ein Klima der Repression; zahlreiche Tote waren zu beklagen[38], darunter auch Zongo und Lingani, die 1989 erschossen wurden. Diejenigen Parteien und Organisationen, die Compaorés Wandel mittrugen, vereinigten sich in der Organisation pour la démocratie populaire-Mouvement du travail (ODP-MT), der Vorgängerin der heutigen Regierungspartei Congrès pour la démocratie et le progrès (CDP). Unter dem Einfluss der weltpolitischen Ereignisse 1990/91, kam es auch in Burkina Faso zum Prozess einer formalen Demokratisierung; Compaoré ließ eine Verfassung ausarbeiten, die 1991 in einem Referendum von der Bevölkerung angenommen wurde. Die folgenden Präsidentschaftswahlen wurden von der Opposition boykottiert und zu einem Misserfolg für Compaoré, der seine Macht bei einer Wahlbeteiligung von nur 27 % nicht legitimieren konnte. In den folgenden Jahren gelang die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilisierung, trotz der Entwertung des CFA-Francs im Jahre 1994. Nachdem Compaoré bei den Wahlen von 1998 in seinem Amt bestätigt wurde, kam es nach der Ermordung des kritischen Journalisten Norbert Zongo zu einer großen Krise mit zum Teil gewalttätigen Protesten. Bei den Parlamentswahlen 2002 verlor die Regierungspartei CDP zahlreiche Sitze an die zerplitterte Opposition. Dank einer umstrittenen Verfassungsänderung konnte Compaoré 2005 erneut zum Präsidenten gewählt werden.
Schwer wiegende Vorwürfe, in den Bürgerkriegen von Liberia und Sierra Leone beteiligt gewesen zu sein und am Handel von Waffen und sogenannten „Blutdiamanten“ profitiert zu haben, konnten bisher nicht bewiesen werden.[39] Der ehemalige liberianische Präsident Charles Taylor, der als Freund Compaorés gilt, organisierte seinen Angriff von Burkina Faso aus, das ihm Asyl gewährt hatte. Einige Nachbarländer beschuldigten Compaoré, destabilisierenden Einfluss auszuüben, indem er Oppositionelle und Rebelle unterstütze und beherberge. Gleichzeitig bemühte sich Burkina Faso um eine Rolle als Vermittler und Friedensstifter bei zahlreichen Krisen in Afrika, zum Beispiel nach dem Tod des Präsidenten von Togo, Gnassingbé Eyadéma.
Mit dem Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste kam es zur wohl schwersten außenpolitischen Krise des Landes. Burkina Faso wurde von der Elfenbeinküste beschuldigt, die Rebellen zu unterstützen und wollte seinerseits ein militärisches Eingreifen nicht ausschließen, um den etwa zwei Millionen Burkinern oder Burkinischstämmigen beizustehen, die bei den Unruhen Zielscheibe von Gewalt wurden. Die Normalisierung der Beziehung und die Vermittlung des Vertrags von Ouagadougou zur Beendigung des Bürgerkriegs gelten als Erfolg der Diplomatie Burkina Fasos und Compaorés.
Literatur
* Frédéric Lejeal: Le Burkina Faso. Karthala, Paris 2002, ISBN 2-84586-143-5
* Danielle Ben Yahmed (Herausgeberin): Atlas du Burkina Faso. J.A., Paris 2005, ISBN 2-86950-397-0
* Sylviane Janin: Burkina Faso. 2. Auflage. Olizane, Genf 2003, ISBN 2-88086-292-2
* Yénouyaba Georges Madiéga, Oumarou Nao (Herausgeber): Burkina Faso. Cent ans d'histoire, 1895–1995. (2 Bände). Karthala, Paris 2003, ISBN 978-2-84586-431-3
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